Tuesday, April 28, 2015

Debatte: Mario Götze – Fehlt der Biss für Bayern?

Götze darf sich zum FCB-Stammpersonal zählen, die Erwartungen erfüllt er trotzdem nicht. Woran liegt das? Zwei Redakteure, zwei Meinungen. Vierfacher Bundesliga-Champion, zweifacher DFB-Pokal-, UEFA-Super-Cup-Sieger, Klub-Weltmeister, Weltmeister – mit gerade mal 22 Jahren liest sich Mario Götzes Vita beeindruckend. Und das wiederum impliziert Ansprüche, sehr hohe. Zu hohe? Wenn der FC Bayern am Dienstag (20.30 Uhr im LIVE-TICKER) Borussia Dortmund zum Halbfinale im DFB-Pokal empfängt, sind die Augen auf ihn gerichtet. Für die einen ist er das Versprechen für die Zukunft. Für die anderen ein "Verräter". Ähnlich differenziert fällt vor dem Duell mit dem Ex-Arbeitgeber das sportliche Urteil aus. In Abwesenheit von Franck Ribery oder Arjen Robben war Götze zwar nicht aus der bayrischen Elf zu denken, gleichwohl blieb ihm der erhoffte Befreiungsschlag verwehrt. Woran liegt das: bloß an einer Formkrise oder am fehlenden Biss? Eine Debatte.
"GÖTZE WIRD VON RESSENTIMENTS STIGMATISIERT" ______________________________________________________________________________________________ Mario Götze ist sehr beliebt – könnte man meinen. Immerhin folgen ihm via sozialer Netzwerke über zwölf Millionen Menschen. Allesamt interessiert sie, was der Fußball-Star privat treibt, wie tief er blicken lässt. Manchmal postet er Bilder aus dem Flugzeug oder der Kabine. Manchmal schickt er morgendliche Grüße vom Frühstückstisch in brüderlicher Zweisamkeit. Was seine Beiträge gemein haben, ist eine gewisse Oberflächlichkeit, böse Zungen würden gar von Wertlosigkeit sprechen. Geschenkt, so tickt die virtuelle Welt eben. Trotzdem zieht er damit regelmäßig Schimpftiraden auf sich, dumme, stumpfsinnige, meist gespickt mit Rechtschreibfehlern und üblen Worten. Götze weiß das. Er hat gelernt, es auszublenden, sich mit der Situation abgefunden. Niemals wieder wird er der "Poster-Boy" in Schwarz-Gelb sein, der ganz Deutschland verzückte. Sein Wechsel nach München brachte ihn nachhaltig in Verruf. Jetzt ist er der arrogante Bayer. Aber schlimmer noch: Die sportliche Beurteilung, und darum geht's schließlich, wird von jenen Ressentiments stigmatisiert. Von Falko Blöding "Zeig der Welt, dass Du besser bist als Messi." Worte, die Geschichte schrieben. Als Bundestrainer Joachim Löw sie Mario Götze am 13. Juli im Maracana ins Ohr flüsterte, hätten sie eine Initialzündung sein können. Götze schoss Deutschland wenig später in brillanter Manier zum WM-Titel. Das einstige Supertalent versetzte Schwarz-Rot-Gold in Ekstase und legte danach auch beim FC Bayern einen sehr guten Start in die Saison hin: Neun Torbeteiligungen an den ersten zwölf Spieltagen der Bundesliga und tolle Vorstellungen in Champions League und DFB-Pokal machten Hoffnung: Hatte Götze den nächsten Entwicklungssprung gemacht? War er in seinem zweiten Jahr an der Isar endgültig angekommen, war er auf dem Weg zum Leistungsträger im Star-Ensemble? Wenige Monate später muss diese Frage mit "Nein" beantwortet werden. Götze ist beim FCB weiter nur ein Mitläufer. Bei seinen letzten 17 Einsätzen in der Bundesliga sammelte er mickrige vier Scorerpunkte (drei beim 8:0-Schützenfest gegen den HSV). Kein besonders gutes Zeugnis für einen Offensivspieler. Zugegeben, die Konkurrenz in Bayerns Abteilung Attacke ist enorm. Aber es ist dem 22-Jährigen noch längst nicht gelungen, sich festzuspielen. Mal darf er auf einer Halbposition ran, mal im offensiven Mittelfeld und zuletzt häufig auf dem linken Flügel. Vielseitigkeit ist eine Qualität, doch die kann schnell zum Fluch werden. Bei Götze hat man den Eindruck, Pep Guardiola biete ihn stets da auf, wo sich eine Lücke auftut. Anspruch und Wirklichkeit klaffen außeneinander Verletzungen ziehen sich wie ein roter Faden durch die Saison des frischgebackenen Meisters. Ausfälle der Platzhirsche wie Arjen Robben oder Franck Ribery gaben anderen Stars die Chance, in die Bresche zu springen. Robert Lewandowski tat das eindrucksvoll. Er ist im Moment der klare Fixpunkt im Angriffsspiel der Münchner. Auch Thomas Müller ist wieder in beeindruckender Verfassung und holt in der Not für sein Team die Kastanien aus dem Feuer. Götze nutzte diese Chance dagegen nicht. Seine Auftritt wirken häufig pomadig, nur selten vom Spielwitz und dem Esprit geprägt, den er bei Borussia Dortmund im Überfluss versprühte. Je mehr sich die Spielzeit ihrem Ende zuneigt, desto regelmäßiger taucht er ab. Man darf nicht vergessen, dass es hier nicht um einen Wald- und Wiesenfußballer geht, sondern um einen Nationalspieler, der den FCB satte 37,5 Millionen Euro Ablöse gekostet hat. Da sind die Ansprüche nunmal andere. Jetzt biegt die Saison auf die Zielgerade ein. Jetzt entscheidet sich, ob für die Bayern aus einer guten eine sehr gute oder sogar eine überragende Spielzeit wird. Es entscheidet sich womöglich aber auch, wohin die Reise bei Mario Götze geht. Wächst er an den Aufgaben und setzt ein Ausrufezeichen? Oder bleibt er nur der prominente Platzhalter für Ribery? Es ist die Zeit, in der er die Gelegenheit hat, zu zeigen, dass er zumindest einen Schritt in Richtung des Niveaus von Lionel Messi machen kann.

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