Es war wieder eine dieser Feiern. Der BVB lud nach dem Pokalfinale ins Kraftwerk Berlin ein, wo statt Siegesfeier erneut Frustsaufen auf dem Programm stand.
Auch für Marco Reus. Der hatte zwar Geburtstag, aber nicht viel Spaß daran. Ob Reus in der Nacht nach der 1:3-Niederlage Albträume hatte, ist nicht überliefert, doch es ist alles andere als unwahrscheinlich, dass ihn die Szene aus der 18. Minute noch eine Weile begleiten wird. Ein Pass von Shinji Kagawa von der rechten Seite landete genau vor seinen Füßen, doch aus kurzer Distanz schoss Reus den Ball über den Kasten von Diego Benaglio. Es war die große Chance auf das 2:0, die Gelegenheit, die starke Dortmunder Anfangsphase zu krönen und die Weichen auf Sieg zu stellen. Reus ließ sie aus, Dortmund verlor.
Es wäre unfair, die Niederlage an dieser Szene festzumachen und auch Trainer Jürgen Klopp gab zu bedenken: „Selbst wenn Marco getroffen hätte: Wir hätten trotzdem noch drei Gegentore bekommen können.“ Angesichts der Abwehrleistung an diesem Pokal-abend mag man dem scheidenden Coach nicht widersprechen. Dennoch drehten sich auch im Kraftwerk in der Nacht auf Sonntag viele Diskussionen um „Hätte, wenn und aber“.
Ich bin mir sicher, dass Marco in seiner Karriere noch viele Titel gewinnen wird, auch mit dem BVB
Jürgen Klopp
Die Realität sieht aber so aus: Der BVB hat die große Chance verpasst, eine insgesamt enttäuschende Saison mit einem Titel zu beenden. Und Reus bleibt nach seinem Wechsel zum BVB im Sommer 2012 ebenfalls weiter ohne Titelgewinn mit der Borussia, mal abgesehen von zwei Supercup-Siegen den FC Bayern. Das Geburtstagskind (26 Jahre) gab sich auf der Party nach dem Spiel alle Mühe, sich die Laune nicht komplett verhageln zu lassen und bekam Aufmunterung von Freunden und Mitspielern. Ein schwacher Trost, so kurz nach dem Spiel.
Reus selbst vermied es, Aussagen zum Spiel oder seiner eigenen Leistung zu treffen. Dafür wurde umso mehr über ihn geredet. Viele Fans machten nach der Niederlage ihrem Unmut in den sozialen Netzwerken Luft. Und einer, der im Zentrum vieler Kritiken stand, war Reus. Wieder einmal habe er in einem großen Spiel versagt, so der allgemeine Tenor. In der Tat gehörte Reus zu den schwächsten Spielern des BVB und war von allen Offensivspielern derjenige mit dem geringsten Einfluss auf das Spiel.
Dass von einem Mann seiner Klasse mehr erwartet wird, ist nicht überraschend. Reus ist der Superstar beim BVB, seine Vertragsverlängerung bis 2019 hatte Signalwirkung und könnte auch andere Leistungsträger wie etwa die Innenverteidiger Mats Hummels und Neven Subotic dazu ermuntert haben, dem BVB die Treue zu halten. Auch in der deutschen Nationalmannschaft gehört er zum Stammpersonal. Während er aber in der Elf von Joachim Löw den großen Titel aufgrund einer Verletzung verpasste, war er beim BVB in den großen Finalspielen der letzten Jahre stets dabei. Im Champions-League-Finale in Wembley 2013 (1:2) gehörte er zu den besseren Borussen, im letztjährigen DFB-Pokalfinale (0:2 n.V.) ging er aber ebenfalls unter.
Das Warten auf den ersten Titel dauert für Reus nun mindestens ein weiteres Jahr an. Nachdem Hummels vor einem Jahr ein Titelversprechen an die Fans abgegeben hatte, das er letztlich nicht einhalten konnte, gingen die letzten Worte von Klopp an Reus in eine ähnliche Richtung. „Ich bin mir sicher, dass Marco in seiner Karriere noch viele Titel gewinnen wird, auch mit dem BVB.“
Reus wird hoffen, dass er Recht behält. Vom Frustsaufen hat in Dortmund nicht nur er genug.
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